Wir starten die lange Reise zurück an die Pazifikküste und haben dafür mehrere Tage eingeplant. Auf unseren Wegetappen erwartet uns ein spannender Mix aus kulturellen, geschichtlichen, landschaftlichen, urbanen, archäologischen und sportlichen Highlights, aber auch einige von etwas Pech begleitete Herausforderungen.
Als wir Baños nach dem Wasserfall El Pailon del Diablo wieder verlassen, fahren wir einmal um den aktiven Vulkan Tungurahua und bestaunen ihn von zwei Seiten. Wir sind fasziniert von den Lavaströmen, welche gut sichtbar von den Ausbrüchen in den letzten Jahren zeugen.
Trotz dieser einmaligen Kulisse und den Eindrücken der vergangenen Tage gibt es auch bei uns vereinzelt Momente, in welchen nicht alles so läuft wie wir es uns wünschen. Der wirklich schlechte Kundenservice von Sixt Ecuador hängt Marco noch etwas fad im Magen und er fragt sich, wie lange der defekte Pneu die Luft wohl halten mag. Stephie konnte sich trotz der etwas tieferen Höhenlage und dem angenehmen Klima in Baños nicht wirklich erholen und kränkelt etwas vor sich hin. Als wäre das nicht schon genug, fällt der Ausflug beim ersten Halt voraussichtlich aus, wir konnten kein Ticket für die Zugfahrt zur Nariz del Diablo kaufen. Uns kam zu Ohren, dass die Züge aufgrund von COVID nicht fahren werden. Mit ungewisser Vorahnung tun wir das, was wir in solchen Situationen immer tun: Marco überspielt das Übel mit blöden Scherzen und komischer Musik, damit nehmen wir trotz allem Kurs auf den Bahnhof von Alausi, um die Gerüchte zu überprüfen.
Einen kleinen Zwischenstopp legen wir noch bei den Dunas de Arena in Palmira ein. Einen wirklich sehr kleinen Zwischenstopp. Denn als wir beim dritten Anlauf endlich zu der kleinen Wüste inmitten der Anden gelangen, merken wir, dass es sich vor allem um eine eher ungepflegte Attraktion für Freunde von Sandbuggys handelt. Es riecht nach der Müllhalde direkt nebenan und es seicht wie aus Kübeln, also machen wir das, was wir in solchen Situationen immer machen: Wir kehren direkt um und fahren weiter nach Alausi.
Da angekommen führt uns Google Maps direkt in eine Polizeikontrolle. Das allein ist eigentlich nicht weiter tragisch, wären wir sie nur nicht in die falsche Richtung einer Einbahnstrasse angefahren 🙉 Etwas belustigt lassen uns die schwer bewaffneten Herren ohne Strafe umkehren und wir tun das, was wir in solchen Situationen immer tun: Wir fahren noch weitere zehn Minuten verwirrt in der Altstadt umher, um dann einen Parkplatz zu nehmen, welchen wir schon drei Mal passiert haben.
Leider bestätigen sich die Gerüchte um stillstehende Züge. Viel schlimmer noch; der Ort Alausi gleicht einer Geisterstadt! Keines der vielen Cafés und Restaurants lädt zum Verweilen ein und vor keinem der zahlreichen Läden ruft uns ein eifriger Verkäufer entgegen, wir stehen überall vor verschlossenen Türen. Die wenigen Einheimischen, welche wir im Städtchen sehen, schauen uns ganz entgeistert an als wären wir von einem anderen Planeten.
Falls hier Marcos Omi mitliest: Sorry für das zerknitterte Hemd, ich habe hier niemanden gefunden der das so gut bügelt wie du 😘 Da es hier ohne Züge und Cafés nichts zu Unternehmen gibt, streichen wir die geplante Nacht in Alausi und fahren direkt weiter zum zweiten Zwischenziel. Eine echt richtig genial tolle Idee, wie sich gleich herausstellen wird...
Zurück auf der Panamericana nimmt neben der schnell zunehmenden Dunkelheit auch die Qualität der Strasse schlagartig ab. Es regnet und scheinbar ist es in Ecuador nicht üblich, das Volllicht situativ auszuschalten. Viel schlimmer sind die amateurhaft angebrachten zusätzlichen LEDs, welche echt scheisshell sind und uns dazu noch meist blinkend in einem unvernünftig krassen Tempo entgegenfliegen. Ohne jegliche Strassenbeleuchtung ist es fast nicht möglich, all die Schlaglöcher und streunenden Hunde in der pechschwarzen Umgebung zu erkennen. Mit höchster Konzentration und gemässigtem Tempo werden wir Zeugen der naheliegenden Konsequenzen und fahren nach einer unübersichtlichen Kurve an einem Unfall mit mehreren beteiligten Fahrzeugen vorbei.
Somit ist es auch schon richtig spät, als wir endlich im einfachen Hospendaje El Castillo in Ingapirca ankommen. Einerseits sind wir richtig dankbar, dass wir die Fahrt durch die Nacht unversehrt überstanden haben, realisieren jedoch auch, dass wir in einem kleinen Kaff ohne Restaurants gelandet sind. Umso grösser ist unsere Freude, als uns der Betreiber der Unterkunft eine einfache Portion Reis mit Bohnen und einem Poulet-Schenkel serviert. Neben dem einfachen, aber leckeren Essen verwöhnt er uns sogar noch mit einer warmen Bettflasche und wir fallen erschöpft ins Bett.
Ein neuer Tag heisst neues Glück und dieses findet die Hälfte unserer Reisegruppe (=Marco) direkt vor der Haustüre 😄 Was für Stephie nach einem unspektakulären Haufen Steine aussieht, ist für das Auge des Meisterarchäologen eine der spannendsten Inka-Ruinen überhaupt: Ingapirca. Wissenschaftler rätseln noch bis heute über den genauen Zweck der Anlage in Ingapirca, welche kurz nach Cuenca direkt an der Inkastrasse nach Quito liegt. Klar ist, dass einerseits Menschen hier gewohnt haben, welche jedoch Reisenden zwischen den zwei Städten Unterkunft geboten haben. Der Ort umfasste einst eine Residenz für hoch angesehene Inkas, reiche Felder, Getreidesilos, Vorratskammern, ein Wasserversorgungssystem und Bäder sowie rituelle Schauplätze.
Währenddem Marco die praktisch leere Anlage aus allen Winkeln ablichtet und die Erklärungen zu den Bauten akribisch genau liest, findet Stephie den Ausflug aus ungeklärten Gründen irgendwie weniger toll...
Doch sie zeigt sich tapfer und bleibt, bis wir alle Details über die Ingapirca-Ruinen erfahren haben. Vor allem der Zweck des Tempels am Rande der Anlage ist bis heute noch umstritten. Im gesamten Inkareich ist er der Einzige, der eine ovale Form aus perfekt gehauenen Steinen aufweist. Die bekannteste Theorie besagt, dass auf diesem sogenannten Sonnentempel bahnbrechende Durchbrüche in der Beobachtung der Sterne und somit der frühen Astrologie der Inkas erfolgten.
Der Tempel steht heute noch praktisch unversehrt und eindrücklich direkt neben der Inkastrasse, welche einst von Cuenca nach Quito reichte. Kurz vor Ende des Rundgangs steigen wir auf den Sonnentempel und geniessen einen letzten Blick auf die inzwischen menschenleere Anlage.
Wir fahren direkt weiter nach Cuenca, der drittgrössten Stadt Ecuadors, welche von vielen Ecuadorianern als die schönste Stadt des Landes bezeichnet wird. Sie ist bekannt für herrliche Kolonialbauten und einen lebendigen Stadtkern. Kurz nach dem Mittag fahren wir zuerst zum falschen Hotel, dann zum richtigen, dann zur Garage und sind dann schon kurz vor dem Verhungern. Nach langer Suche finden wir ein Restaurant, welches uns nach langem Warten den falschen Burger für Marco serviert. Genau derselbe Burger kommt dann in gepimpter Version und kalt einige Minuten später wieder auf unseren Tisch. Also tun wir das, was wir normalerweise in solchen Situationen nie tun: Marco ruft aus und bekommt eine weitere halbe Stunde später einen frischen Burger.
Inzwischen ist bereits später Nachmittag und unsere Laune ist am A... Boden. Wir verkriechen uns im Hotel und gehen erst spät am Abend noch eine Pizza essen, dann wieder zurück ins Hotel. Klar, das klingt für euch nun wahrscheinlich etwas langweilig, doch wir möchten ehrlich sein: Unsere Reise ist zwar meistens wirklich tätschgeil, doch auch unterwegs gibt es diese Tage, welche halt einfach nicht so rund laufen.
Auch der folgende Tag war irgendwie nicht wie erhofft. Kurz und bündig: Viel Regen, wenig unternommen, Nachtessen im krassen Schuppen sieht zwar gut aus, war es aber nicht.
Wir möchten jedoch ausdrücklich betonen, dass dies nicht Cuencas Schuld ist! Es liegt an einer Kombination aus unserer etwas fehlenden Energie, dem unvorteilhaften Wetter und unserem Pech bei der Auswahl der Restaurants. Cuenca selbst ist echt schön, schaut her:
Mit gemischten Gefühlen verlassen wir am nächsten Morgen Cuenca. Einerseits sind wir etwas traurig, da wir von unserem Aufenthalt mehr erwartet haben und wissen, dass Cuenca auch noch einiges zu bieten hätte. Anderseits kann es vorkommen, dass eine solche Reise nicht immer wie erwartet abläuft und wir freuen uns auf das, was vor uns liegt.
In unserem Fall ist es nämlich der Pass über den Cajas Nationalpark, welcher mit vielen Wasserläufen und kleinen Seen als einer der schönsten Nationalparks von Südamerika gilt. Da wir heute unser etwas mitgenommenes Auto in Guayaquil abgeben müssen, reicht uns die Zeit für eine Wanderung nicht. Wir lassen es uns aber nicht nehmen, an einigen Orten kurz anzuhalten, die Aussicht zu geniessen und einen Coca-Tee zu trinken.
Nach der Passhöhe beginnt eine schier unendliche Talfahrt von fast 4'000 auf 0m.ü.M. Dieser Teil der Strasse erinnert uns stark an die Schweizer Alpen und wir kriegen fast ein wenig Heimweh, doch nach kurzer Zeit tauchen wir in dicke Nebelschwaden ein und sehen den Rest des Weges nicht mehr wirklich viel.
Es wird zunehmend wärmer und feuchter und schon bald fahren wir ins Zentrum von Guayaquil, der zweitgrössten Stadt Ecuadors. Dieser Ort wird von den Andenbewohner gemieden und allgemein als unsicher eingestuft, da er aufgrund des grossen Hafens an der Pazifikküste ein wichtiger Knotenpunkt für die logistischen Machenschaften der Drogenkartelle ist. Dementsprechend haben auch wir nicht allzu viel Zeit hier eingeplant und fahren direkt an den Flughafen, um unseren angeschlagenen Rally-Chevy abzugeben.
Schon früh merken wir, dass hier ein anderer Wind weht. Auf den mehrspurigen Strassen wird gefahren wie in Grand Theft Auto und wir quetschen uns fast eine Stunde durch viel zu enge Lücken, bis wir die Suche nach der Sixt-Rückgabestation aufgeben. Wir parkieren das Auto auf dem Flughafenparkplatz und gehen zum Schalter von Sixt am Terminal, wo wir eine halbwegs kompetente und hilfsbereite Mitarbeiterin antreffen. Halbwegs deswegen, weil wir ihr als geübte Verkäufer die Abschlussrechnung mit Steuern Schritt für Schritt vorrechnen müssen, damit sie nichts durcheinanderbringt und uns für den schlechten Service von Sixt noch zu viel verrechnet.
Mit viel Geduld und Einsatz können wir jedoch auch diese Angelegenheit regeln und machen uns auf den Weg nach Montañita, dem Surfers Paradise Ecuadors! Dort wartet im Balsa Surf Camp nahe dem bekannten Point Break "La Punta" eine luftige und romantische Suite auf uns. Für die nächste Woche ist der obere Stock eines Bungalows unser Zuhause, von den zwei Balkonen haben wir den Überblick über das gesamte Camp, den Spa-Bereich und sogar die Wellen am La Punta 😎
Bein angenehmen 20-26° Celsius lässt es sich hier super entspannen, nur das Meer ist etwas kälter als in Panama. Stephie nimmt sich zuerst zwei Tage, um wieder zu vollen Kräften zu kommen und dann wagen wir uns nicht nur ins Wasser, sondern auch in die Cocktail-Street von Montañita.
Neben den Halloween-Partys hat Ecuador (ähnlich wie bei uns Allerheiligen) aufgrund der Feiertage ein sehr langes Wochenende, was viele Locals zum Festen hier hin verschlägt. Nach einem Cocktail und zwei Tequilas zum Dessert ziehen wir jedoch die Handbremse, da wir am nächsten Morgen zusammen mit Ademár, unserem lokalen Surfguide, den La Punta surfen.
Und wir haben Glück! Mit den im Balsa Surf Camp gefertigten Boards aus Balsa-Holz erwischen wir einige echt grosse Wellen! Vor allem Stephie packt alles aus und rippt was das Zeug hält! Wir verlieren den Respekt für die hohen Wellen und legen gleich noch eine Session am Folgetag nach. Auch hier gibt es leider keine Fotos, da wir unsere Smartphones im Camp gelassen haben, einzig den Sonnenuntergang haben wir als Erinnerung festgehalten.
Am Dienstag und Mittwoch packen wir die Bretter direkt aufs Dach eines Taxis und fahren zum etwas entfernten La Entrada. An diesem Spot brechen die (grossen) Wellen weit draussen, wir mussten noch nie so weit auf den Ozean hinaus paddeln und spüren die unendliche Tiefe des Meeres förmlich, als wir mit brennenden Armen zu dritt auf die Sets warten. Diese bringen in längeren Abständen unglaubliche Wellen, welche wir dank der grossen Distanz zum Beach sehr lange Surfen können 😎 Die Aussicht vom Lineup und während dem Surfen auf das malerische und bunte Städtchen La Entrada ist so schön, dass wir es euch anhand eines Bildes, welche nicht von uns ist, zeigen möchten:
Am Nachmittag relaxen wir jeweils wieder im Camp, welches auch (oder vor allem) am Abend und in der Nacht eine chillig heimelige Stimmung innehat.
Nach dem zweiten Kampf mit den Entrada-Wellen und einer Dusche kaufen wir noch einige Kleinigkeiten ein, packen und nehmen am späten Nachmittag den Bus zurück nach Guayaquil. Wir legen uns kurz in einem einfachen Hotel hin und machen uns früh schon wieder auf den Weg zum Flughafen, denn heute geht es ab nach Baltra auf den Galapagos Inseln 😃
¡Hasta pronto en el paraíso!
Stephie & Marco
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