Liebe Freunde der Geografie, diesen Blogeintrag möchten wir mit einer kleinen Exkursion in die Welt der technischen Errungenschaften starten (okay, vor allem Marco möchte das 😁). Wir befinden uns in einer Maschine der Copa Airlines 10'663m über Meer und fliegen mit 854km/h in Richtung 173° (Süd) mit dem Ziel Quito. Wieso wir das so genau wissen? Copa Airlines hat ein neues Entertainment-System an Board und setzten dafür keine Screens mehr ein, sondern nutzen per WiFi die persönlichen Geräte der Fluggäste. Marco schaut da nicht etwa Filme, sondern ist nahezu den gesamten Flug über in den Informationsanzeigen zum Flug vertieft (und macht Screenshots).
Schono geil, oder? 😎 Währenddessen kümmert sich Stephie um eine ältere Dame, welche bei uns in der Dreierreihe sitzt und hilft ihr etwa beim Einstecken des Ladekabels für ihr Smartphone oder beim Öffnen des Gurtes. Kurz nach der Landung in Quito unternimmt die gute Frau mehrere Versuche, um uns nach unserem Vorhaben in Ecuador zu fragen. Als wir es endlich geschnallt haben und ihr in sauschlechtem Spanisch von unseren Plänen in Ecuador erzählen, leuchten ihre Augen bei der Erwähnung von Cuenca. Sie wohnt seit klein auf in der sehr schönen Stadt und schriebt uns ihren Namen sowie ihre Telefonnummer auf Stephies Boardingpass und möchte, dass wir uns bei ihr melden, sobald wir da ankommen. So einen herzlichen Empfang einer Einheimischen hatten wir wohl auf all unseren Reisen noch nie und laufen mit erwärmten Herzen den Massen nach zur Migration.
Ohne dass wir fragen müssen, übersetzt uns ein weiterer ecuadorianischer Fluggast die Anweisungen einer Frau in einem medizinischen Ganzkörper-Overall ins Englische. Es folgt ein kurzer Check des Impfausweises und ein herzliches "¡Bienvenidos a Ecuador!" des Zöllners an der Passkontrolle und wir sind ohne weiter Umstände im Land am Äquator angekommen. Direkt am Ausgang des Flughafens möchten wir an einem kleinen Stand eine Sim-Karte kaufen, doch 45$ für 5GB und 30 Tage finden wir etwas viel, lehnen dankend ab und bestellen uns ein Uber.
Nicht nur die Fahrt zu unserem Hotel Masaya haut uns fast aus den Socken, das Hotel selbst sieht noch besser aus als auf den Fotos im Internet und wir fühlen uns auf Anhieb so richtig wohl! Das alte Gebäude mit vielen verwinkelten Gängen und offenem Flair hat Charme as Fuck! Als wir das Zimmer und somit ein frisches Klima betreten wird uns bewusst, wie gut uns die kalte Bergluft tut und wie willkommen diese Abwechslung für uns ist.
Am Nachmittag entdecken wir gleich um die Ecke einen kleinen Laden, welcher neben fünf Telefonkabinen und drei Internetstationen mit so richtig massiv grossen Rechentowern auch Sim-Karten im Angebot hat. Für 15$ (also ein Drittel des Flughafenpreises) erhalten wir 10GB (also das Doppelte an Daten zum Flughafenangebot) für 30 Tage und die wiederum nette Verkäuferin macht uns gleich noch die komplette Einrichtung auf unseren Smartphones.
Eigentlich haben wir noch nicht besonders viel geleistet an diesem Tag, doch die vielen herzlichen Leute und ersten Eindrücke rauben uns bereits den Atem. Nun ja, vielleicht liegt es auch ein wenig an der doch sehr dünnen Luft auf 2'850m, auf jeden Fall sind wir fix und fertig und fallen früh am Abend ins riesig grosse und superflauschige Bett.
Zweiter Tag
Auf unserer Erkundungstour am Mittwochmorgen merken wir schon bald, dass wir in ganz Quito wohl die einzigen Europäer sind (zumindest die einzigen mit blonden Haaren). Die Hauptstadt Ecuadors hat extrem viel Charme und ebenso viele bunte Häuser wie Menschen. In den Strassen riecht es abwechselnd nach frischem Gebäck, exotischen Gewürzen und schlecht verbranntem Benzin, was einerseits an den fehlenden Luftpartikelfiltern vieler Fahrzeugen wie auch am niedrigen Sauerstoffgehalt in dieser Höhenlage liegt. Die meisten Busse im öffentlichen Verkehr fahren mit offenen Motorhauben, um diese bei den extremen Steigungen nicht zu überhitzen.
Unser erstes Ziel ist die Iglesia de San Francisco, welche leider aufgrund der Covid-Pandemie erst um 15:00 Uhr nachmittags öffnet.
Doch auch der grosse Platz vor der Kirche hat seinen Reiz. Dieser war bereits vor der Kolonialzeit ein wichtiger Marktplatz der Inkas und man geht davon aus, dass die Kirche auf dem Fundament und mit den Steinen eines ehemaligen Inka-Tempels gebaut wurde.
Direkt neben der Kirche finden wir eine offene Türe und Fragen, was es denn hier zu sehen gibt. Wir verstehen nicht viel, sind jedoch bei den Worten "Cerveceria" und "Torres" überzeugt und bezahlen die 3$ Eintritt ins Museum. Uns erwarten eine kirchliche Kunstsammlung, riesige steinalte Gesangsbücher mit Seiten aus Leder, einige Papageien und eine wunderschöne gut erhaltene Klosteranlage.
Leider war der Zugang zur Brauerei dann doch nicht möglich, dafür wurden wir nach einem kurzen Aufstieg auf die Türme mit einer irrsinnigen Aussicht über Quito belohnt!
Zum ersten Mal sehen wir das Ausmass dieser gewaltigen Stadt in seiner vollen Pracht und erhaschen einen Blick auf nahezu alle Wahrzeichen. Als wären dies nicht bereits sehr gut investierte 3$, gehen wir auf dem Weg nach unten durch eine unscheinbare Türe und finden uns auf der Empore der immer noch geschlossenen Kirche wieder. Es ist ein überwältigendes Gefühl ganz allein hoch oben in diesem Jahrhunderte alten und unbeleuchteten Bauwerk zu stehen, wir geniessen die Stille und machen einige Fotos. Dabei fällt und fast der Jesus vom Kreuz, nicht nur der ist bei genauerem Hinsehen vielleicht etwas zu sehr in die Jahre gekommen. Doch die Gesamtheit und Fülle an aufwändigen Details in jedem Winkel der Iglesia lädt Marco zum langen Staunen ein (und somit Stephie zum Gähnen 😄).
Marco ist weder gläubig noch ein Geschichts-Nerd, trotzdem hat er eine enorme Faszination für historische Gebäude, Ruinen und somit auch Kirchen. Stephie muss also noch eine weitere Kirche mit besichtigen, diesmal die Iglesia de la Compañía de Jesús gleich nebenan. Hier erhalten wir zudem für 5$ einen Guide, welcher uns nach dem Motto "gibt und hat Mühe" in sehr gebrochenem und nahezu unverständlichem Englisch extrem viele Informationen über die nahezu komplett vergoldete Kirche gibt. Fotografieren darf man hier leider nicht, die Bilder könnten ja im Internet landen uns somit müssten die Touristen nicht mehr herkommen. Marco das Schlitzöhrli hat sie jedoch überlistet und doch einige Male abgeknipst 😁
Dritter Tag
Ohne Scheiss, in der wunderbar schön kühlen Luft in unserem Zimmer müssen wir einfach nochmal ausschlafen! Anschliessend laufen wir durch die vom lokalen Handwerk geprägte Calle de la Ronda zur Plaza Grande vor dem Regierungspalast. Auf einer Parkbank beobachten wir eine Zeit lang das rege Treiben der vorwiegend Einheimischen und sind fasziniert von der Vielfalt an Angeboten und Dienstleistungen, welche von Einheimischen jeder Altersgruppe (auch Kinder und Greise) angeboten wird. Gleich nebenan ist ein bekannter und wunderschöner Innenhof, wo wir uns bei einer Pause am Schatten ein Bierchen und ein Cola genehmigen.
Das historische Stadtzentrum Quitos hat unzählige gut erhaltene und farbige Kolonialgebäude, an welchen wir uns kaum satt sehen können. Hier und da finden man Einflüsse der indigenen Kultur, welche von den Quitu bis zu den Inkas reicht. Zwischen den Gebäuden trifft man immer wieder auf die abwechslungsreiche Vegetation der Anden, welche Palmen sowie Agaven und Kakteen umfasst.
Wie ihr seht, meint es das Wetter wieder mal sehr gut mit uns, und trotzdem decken wir uns zum Tagesabschluss noch mit traditionellen Wollen-Handschuhen und Kappen ein. Wir möchten für das wechselhafte Wetter in den Anden, welche wir noch tiefer bereisen werden, gewappnet sein.
Vierter Tag
Der letzte Tag in Quito ist der erste, an welchem wir nicht ausschlafen und pünktlich zur Öffnung der Basílica del Voto Nacional an deren Pforten stehen. Da ausser uns noch niemand da ist, experimentieren wir mit den verschiedenen Einstellungen unserer Smartphone-Kameras.
Das Ticket für das Innere der Basilica ist wie alles in Quito (ausser die Sim-Karte am Flughafen) sehr günstig. Im Gegensatz zu den durchschnittlichen Preisen der Unterkünfte während unseren ersten sechs Wochen zahlen wir hier inmitten der Altstadt fast einen Drittel. Auch das Essen und die Einkäufe im Supermarkt sind wesentlich günstiger, einzig der Alkohol ist preislich vergleichbar. Aber zurück zur Basilica, welche es wirklich in sich hat!
Das krasse Bauwerk hat drei Türme, welche alle bis ganz oben bestiegen werden können. Für den ersten und kleinsten Turm laufen wir zuerst über die Decke der Kathedrale und können die Gewölbe unter uns betrachten, bevor wir über einige kriminell steile und eher schlecht gesicherte Leitern den höchsten Punkt knapp unter dem Dach des Turmes erreichen.
Doch anstatt der Angst um unser Leben erleben wir einen leichten Adrenalin-Kick und werden mit einer jenseits krassen Aussicht belohnt!
Wir sind erst auf dem kleinsten der drei Türme und möchten noch auf einen der zwei Grossen gehen. Leiter runter, einmal über die Decke der Kathedrale zurück und wieder hoch auf den nächsten Turm, wobei wir eines der zwei nicht synchron funktionierenden Uhrwerke passieren.
Die Basilica ist mit Sicherheit ein Erlebnis, welches wir nicht mehr vergessen werden! Doch der Spass geht weiter, wir fahren zum etwas ausserhalb gelegenen Museo de Sitio Intiñan 250m neben dem Monument "Mittelpunkt der Erde". Letzteres wurde direkt vermeintlich auf dem Äquator errichtet, wobei die moderne Wissenschaft eine Korrektur vornehmen musste und dieser eigentlich durch das von uns besuchte Museum verläuft.
Neben einigen interessanten Facts über den Amazonas, den Penisfisch sowie den indigenen Völker Ecuadors (wir haben einen echten Schrumpfkopf gesehen!) ging das wissenschaftliche Vergnügen los! Unser Guide Ricardo erklärt uns (zumindest für Marco) sehr verständlich die Corioliskraft anhand eines Globus und demonstriert sie uns gleich mit einem Kessel Wasser und dem Ablauf eines Lavabos. Direkt auf dem Äquator läuft das Wasser gerade nach unten ab, einen Meter südlich im Uhrzeigersinn und einen Meter nördlich gegen den Uhrzeigersinn! Anschliessend sind wir dran und dürfen versuchen, ein Ei auf einem Nagel zu platzieren und einige Schritte mit geschlossenen Augen direkt auf dem Äquator zu laufen (einige etwas besser als andere 😄).
Marco könnte über dieses Thema einen eigenen Blog-Beitrag schreiben und wir hätten noch jede Menge Videos und mehr Fotos dazu, doch Stephie denkt das interessiert niemanden... Sollte es doch jemand so spannend wie Marco finden, schreibt es doch in die Kommentare 😉
Insgesamt hat uns der kulturelle und landschaftliche Wechsel echt gutgetan und wir haben uns beide etwas in diese grossartige Stadt verliebt. Mit vielen unvergesslichen Erinnerungen gehen wir weiter und melden uns bald wieder aus den Anden.
Saludos y besos
Stephie & Marco
Hallo Stephie und Marco Als ich heute um 6 Uhr gesehen habe, dass es von euch einen neuen Beitrag im Blog gibt, wollte ich eigentlich nur mal kurz reinschauen, um ihn dann später zu lesen. Daraus wurde aber nichts 😅. Als ich mit dem Lesen begonnen habe, hat es mich sofort wieder gepackt und ich konnte einfach nicht mehr aufhören zu lesen und die traumhaften Bilder anzuschauen. Das was ihr da auf eurer Reise erlebt, ist sehr beeindruckend und lässt einem träumen. Ich freue mich schon auf viele spannende Geschichten an gemütlichen Wintertagen. Natürlich auch von Marco, zu Thema Äquator und Eier auf Nägel platzieren 😆. Marco, so wie du die Beiträge schreibst, habe ich beim Lesen immer das Gefühl, ich…