Es ist mitten in der stockdunklen Nacht, als uns der Wecker nach nur drei Stunden Schlaf erbarmungslos laut aus dem Land der Träume holt. Wir ziehen uns an, geniessen noch einmal die Annehmlichkeiten eines richtigen Badezimmers und geben unsere Reiserucksäcke an der Rezeption ab. Ohne lange zu warten sitzen wir kurze Zeit später im Bus, sind dankbar über dessen hohen Komfort und nicken innerhalb weniger Minuten nochmals ein.
Übrigens: Nach dem im letzten Blogeintrag beschrieben Evaluationsprozess für den Tourenanbieter haben wir uns für Alpaca Expeditions entschieden. Wir wurden beim ersten Besuch in ihrem Büro herzlich empfangen und gezielt über alles wichtige informiert (auch über die Nachteile). Dieser Anbieter ist zwar mit 695$ etwas teurer als der Durchschnitt, setzt sich jedoch nach eigenen Angaben für die faire Behandlung und Entlöhnung der Angestellten sowie für eine nachhaltige Wirtschaft ein. So oder so lohnt es sich unserer Meinung, die Tour direkt beim Anbieter zu buchen da man über ein Reisebüro in der Schweiz kaum unter CHF 1000.- einen viertägigen Trail kaufen kann. Jeder der verschiedenen Tourenanbieter macht den Trail auf eine etwas andere Art und hat seine eigene Kennfarbe, bei Alpaca Expeditions ist diese knallgrün. Hier schon mal ein kleiner Vorgeschmack, was uns in den nächsten vier Tagen erwartet:
Während wir im Bus gemütlich dösen, erwacht die Welt um uns herum langsam. Beim kurzen Blinzeln hier und da können wir wahrnehmen, wie die Andenbewohner sehr früh und eifrig in ihren Tag starten. Die Nebelschwaden erheben sich von Feldern und Seen, als die Sonne einen Berggipfel nach dem anderen Berührt. Nach zwei Stunden Busfahrt machen wir eine kurze Pause, essen unser erstes ausgiebiges Frühstück im Zelt und geben unsere Duffel-Bags ab, denn dieses werden für uns jeweils von Camp zu Camp getragen. Danach fahren wir eine weitere Stunde und starten kurz nach Ollantaytambo das wirkliche Abenteuer!
Inka Trail Tag 01: KM 82 - Ayapata
Die staubige Strasse endet kurz vor KM 82 abrupt, wir steigen aus stehen nach der Registrierung für den Park am Start der eigentlichen Wanderung.
Wir sind nicht ganz auf uns gestellt, neben unserem Guide Ivan haben wir eine tolle und sympathische Truppe auf dem Trail dabei: Clay aus Atlanta in den USA, die Rumänen Sonia und Virgil sowie Aimee und Jack von England. Mit geballter Energie und topmotiviert geht es für uns über 14km durch die Wildnis ab zu unserem ersten Camp 😎
Da ausser Menschen jegliche Transportmittel im Nationalpark untersagt sind, wird das Material für unsere Camps von rund zehn krassen Typen getragen! Auf ihren Shirts steht hochachtungsvoll «Green Machine», und wenn sich jemand als Maschine bezeichnen darf, dann diese Jungs.
Und doch sehen wir auf dem Weg immer wieder Pferde, Esel, Lamas und Motorräder. Die Menschen, die bereits hier lebten als die Gegend noch nicht vom Staat geschützt wurde, dürfen auch heute noch auf einige Hilfsmittel für ihren einfachen Alltag zurückgreifen.
Die Zeit hier scheint ein wenig stehen geblieben zu sein. Erst seit Kurzem statten die Einwohner ihre Häuser mit Aludächern aus, da die Dächer aus Andengras eine begrenzte Lebensdauer von zehn Jahren haben. Auch die lokale Regierung trägt ihren Teil bei und hat in den letzten Monaten in jedem kleinen Weiler ein Toilettenhäuschen für den gemeinsamen Gebrauch errichtet, davor nutzten die Menschen hier die freie Natur für ihre Geschäfte. Von weitem können wir eine Gruppe Bauern beobachten, die mit geteilten Kräften und der Hilfe von zwei Ochsen ein Feld pflügen. Ivan hat noch einige weitere spannende Geschichten aus erster Hand auf Lager, er ist nämlich genau hier aufgewachsen.
Kurz nach seinem Heimatdorf treffen wir auf die ersten Inka-Ruinen. Hier in der Gegend gibt es mehrere Inka-Trails, welche die wichtigsten Ortschaften aus der damaligen Zeit miteinander verbunden haben. Wir befinden uns auf dem Pilger-Trail, welcher damals von Cusco über eine Hand voll heilige Stätten zur Stadt am Machu Picchu geführt hatte. Entlang dieser Rute gibt es immer wieder kleine Dörfer, welche den Pilgern Unterschlupf geboten haben und sie sich mit Nahrung versorgen konnten. Und genau in einem solchen Dörfchen befinden wir uns, hoch oben über der noch eindrücklicheren Inka-Stätte Llactapata.
Es folgt die erste grosse Geschichtsstunde von Ivan, und während Marco gespannt zuhört, versinkt Stephie schon sehr bald in ihren eigenen Gedanken. Geweckt wird sie von grossen Regentropfen und wir lernen von Ivan: "Das Wetter hier in den Anden ist wie die Stimmung einer peruanischen Chicca; es kann schnell, unerwartet und voller Wucht umschlagen!" 😄
Neben dem launenhaften Wetter kann hier die Natur und das Klima hinter jeder Ecke wechseln. Wir biegen ab in ein Seitental und kommen schlagartig unheimlich ins Schwitzen!
Belohnt werden wir nach dem heissen Aufstieg mit einem ausgiebigen und äusserst abwechslungsreichen Mittagessen! Küchenchef Mario zaubert uns als Starter einen kleinen Salat sowie eine Suppe auf den Tisch, zum Hauptgang gibt es eine reiche Auswahl an Reis, Kartoffeln, Fisch, Poulet, Gemüse etc. zum selbst schöpfen. Wir trauen unseren Augen kaum, als die vielen prall gefüllten Schalen mit frischem und unheimlich leckerem Essen vor uns stehen!
Man bedenke, dass wir insgesamt eine Gruppe von 19 Leuten sind. Neben den sieben Teilnehmenden, dem Guide und dem Koch begleiten uns zehn Träger, welche Ivan liebevoll Chasquis nennt. Jeder dieser Chasquis hat einen echt grossen Rucksack mit 25kg Material auf dem Rücken, so kommen die Küche, das Essen, die Zelte, die Toilette und viele weitere Dinge mit auf den Trail. Nachdem wir fertig gegessen haben, räumen die Chasquis alles zusammen, überholen uns mit ihrem schweren Gepäck und bauen das nächste Camp wieder auf, sodass wir direkt wieder verwöhnt werden können!
Mit frischer Power packen wir die letzte Etappe des Tages, ein steiler Aufstieg über viele Treppen bis zum Camp für die Nacht. Dabei sind wir so schnell, dass wir den Chasquis bei den letzten Aufbauarbeiten für das Camp Ayapata zusehen können.
Vor unserem geräumigen Zelt für die Nacht stehen zwei kleine Kessel mit warmem Wasser bereit. Dass wir uns hier etwas waschen können, ist eine wahre Wohltat für unsere Körper! Das Nachtessen ist nicht minder spektakulär als das Mittagessen, zum Abschluss gibt es sogar noch ein Dessert. Mit vollen Bäuchen können wir uns kaum mehr auf den Beinen halten und die gesamte Truppe verkriecht sich noch vor 20:00 Uhr in den Schlafsäcken.
Inka Trail Tag 02: Ayapata - Choquicocha
Nach einer durchschnittlich bequemen Nacht im Zelt werden wir frühmorgens um 04:50 Uhr von Ivan mit einer Tasse Coca-Tee geweckt. Mit bereits etwas müden Beinen packen wir unserer sieben Sachen und starten in den härtesten der vier Wandertagen. Vor uns liegen 16km Inka Trail über zwei Pässe (4'200m und 4'000m) und wir merken schon früh, dass die Inkas verrückte Leute mit einem krankhaften Faible für Treppen gewesen sein müssen.
Das Wetter ist auf unserer Seite, ab und zu drückt die Sonne etwas durch die Nebelschwaden, doch es bleibt angenehm kühl und trocken.
Nach einer kurzen Rast am Camp Llulluchapampa wollen wir es wissen und nehmen die letzten zwei Stunden zum Dead Women's Pass in Angriff. Unsere Oberschenkel brennen und es ist eine wahre Erlösung, als wir um 10:00 Uhr die Passhöhe auf 4'200m erreichen. Doch die Aussicht bleibt uns verschleiert und das Wetter droht umzuschlagen, daher geht es nach einem Snack umgehen wieder steil bergab.
Nach weiteren zwei Stunden kommen wir in der Pacaymayo Valley Campsite auf 3'580m an, wo wir von den Chasquis mit einem warmen Applaus, ausgebreiteten Mätteli und einem Apfelsaft empfangen. Vor allem die Mätteli stossen bei Stephie auf grosse Freude und wir geniessen einen kleinen Break, bevor es nach einem gewohnt üppigen Essen hoch auf den zweiten Pass des Tages geht.
Die erste Pause am Nachmittag machen wir bei der kleinen Inka-Ruine Runkuracay, welche damals als Wachposten sowie Chasqui-Lager diente. Moment mal, Chasquis ist doch einfach ein netter, lokaler Ausdruck für unsere Träger? Wir erfahren, das Chasquis die Boten der Inkas waren. Diese übermittelten Nachrichten wie wir es heute vom Stafetten-Lauf kennen: Einer rennt volle Pulle und ohne Pause los, um eine Nachricht an einen weiteren Chasqui zu übergeben. Dieses Spiel wiederholt sich einige Male und so konnte eine Botschaft aus Cusco innerhalb von sieben Stunden nach Machu Picchu überbracht werden!
Und weil die Träger eine ähnlich eindrückliche Leistung an den Tag legen, nennen wir sie ehrenvoll Chasquis 😃
Danach erklimmen wir den gleichnamigen Runkuracy-Pass auf 4'000m und geniessen die ehrfurchtsvolle Natur rund herum. Wir sind schon den gesamten Trail über auf uns gestellt und sehen praktisch keine weiteren Menschen ausser den Chasquis , die uns ab und zu wieder überholen.
Die Tagesetappe fordert uns auf dem Weg nach unten zunehmend heraus. Auch abwärts sind die Treppen extrem hoch und steil. Wir benötigen einiges an Kraft und Energie, um diese zu bewältigen. Doch vor dem Camp für die Nacht steht noch ein weiteres Highlight an: Sayacmarca!
Diese Inka-Stätte thront wie ein königlicher Balkon hoch über dem Tal und bietet eine spektakuläre Aussicht. Nach einer Abzweigung vom Inka Trail geht es über eine weitere enorm steile Treppe zur Ruine und wir können die mächtige Ausstrahlung dieses Ortes förmlich spüren. Wo einst die Pilger zur Ruhe kamen, sich in den Brunnen waschen konnten und am zentralen Altar ein Opfer brachten, machen wir eine Pause und lauschen einer weiteren Geschichtsstunde von Ivan.
Ein nahezu intaktes Wasserversorgungssystem sowie Löcher in den Türzargen, um einige Bereiche abzusperren, zeugen von der Bedeutung dieser Stätte. Von hier ist es nicht mehr weit und wir erreichen eine halbe Stunde später erschöpft, aber überglücklich das bisher schönste Camp für eine Übernachtung: Chaquicocha.
Auf dem letzten Foto sieht man gut, wie Mario und seine Helfer jeweils unter einfachsten Bedingungen für jede Mahlzeit des Tages ein absolutes Meisterwerk hervorbringen 😋 Wir werden wiederum verwöhnt mit warmem Wasser zum Waschen, einer Tea-Time mit Popcorn vor dem Essen und einem feurigen Dessert, welches Mario vor unseren Augen flambiert.
Inka Trail Tag 03: Choquicocha - Wiñay Huaayna
Wir kämpfen uns zum wiederholten Mal sehr früh aus dem Schlafsack, doch der Coca-Tee hilft und motiviert uns für den Start in den Tag. Während dem Frühstück fängt es zu regnen an und wir bleiben länger sitzen als geplant. Um 06:00 Uhr akzeptieren wir unser Schicksal und wappnen uns mit Regenjacken, Rucksacküberzügen und Pelerinen für die (zum Glück) bisher unbekannt nasse Situation.
Mit dieser Schutzausrüstung meistern wir den dritten und letzten Pass dieser Tour, auf welchem sich auch die gleichnamige Inka-Stätte Phuyupatamarca befindet. Diese Ruinen wurden einst für die Astrologie gebaut, etwas weiter oben auf dem Bergspitz befindet sich noch ein durch die Inkas errichtetes perfekt rundes Becken. In der Spiegelung des Wassers haben sie die Sterne beobachtet und in dem grossen Felsen in der Mitte der Ruine die wichtigsten Sternkonstellationen verewigt.
Von da an geht es runter von den schroffen Anden in den immergrünen Regenwald bis nach Intipata. Direkt am Fusse dieser fast endlosen Terrassen befindet sich mit dem Winay Wayna Camp unser Zufluchtsort für die letzte Nacht vor dem finalen kleinen Stück zum Machu Picchu.
Gleich neben dem Camp liegt die eindrucksvolle Inka-Stätte Wiñay Huaayna, was "für immer jung" bedeutet. Diese Stadt mit ihren Tempeln war dem Regenbogen gewidmet, welchen man hier häufig über dem heiligen Tal der Inkas beobachten kann. Man fand hier pflanzliche Überreste von verschiedenfarbigen Orchideen, auf jeder Stufe der Terrassen eine andere Farbe, welche zusammen einen Regenbogen ergaben. Diese Kulisse nutzen wir für Gruppenfotos mit den Chasquis und unserm Guide Ivan.
Wir sind echt mitgenommen von den letzten drei Tagen und müssen morgen richtig früh aufstehen, deshalb verabschieden sich alle noch vor 20:00 Uhr, wir fallen hundemüde auf unsere Mätteli und träumen schon bald von einem richtigen, flauschig bequemen Bett.
Inka Trail Tag 04: Wiñay Huaayna - Machu Picchu
Wir stehen vor 04:00 Uhr auf, da wir unter den ersten am Checkpint zum letzten Abschnitt sein möchten. Dieser gehört bereits zum Gelände von Machu Picchu und öffnet seine Tore um 05:30 Uhr. Unsere Gruppe ist die dritte am Checkpoint, überholt auf dem Gringo Killer (eine Treppe mit 50 hohen Stufen) noch eine weitere und wird am Sungate mit einem unglaublichen Anblick überrascht! Naja, einem unglaublich nebligen, um ehrlich zu sein...
Von hier aus erhascht man normalerweise den ersten eindrücklichen Blick auf Machu Picchu! Doch heute Morgen will das Wetter nicht mitmachen und so bleibt uns diese Aussicht vom Nebel versperrt.
Auf dem weiteren Weg kann man förmlich spüren, wie die königliche Stätte immer näherkommt! Nach einer langen Wand aus unglaublich grossen Steinen, welche präzise aufeinander liegen, erhebt sie sich vor uns: Die Wand aus Nebel und Wolken!
Nicht nur das, zum ersten Mal treffen wir hier wieder auf Zivilisation und andere Menschen. Viele Menschen, um ehrlich zu sein! Normalerweise dürfen hier 6'000 Besucher pro Tag rein, aktuell sind es gerade mal 500 und es ist schon tätschvoll! Ivan ist auch hier unser Guide und erzählt uns auf der Aussichtsplattform eine Menge über die Inkas! Zeit hat er genug, denn wir warten lange bis sich der Nebel von Machu Picchu verdrückt, ohne wirklich grossen Erfolg.
Trotzdem lachen wir, denn wir haben es geschafft! Wir sind nach vier harten Tagen an unserem Ziel angekommen und schon Stolz auf diese Leistung. Und obwohl kein Foto jemals die gesamte Mystik dieses Ortes einfangen könnten, möchten wir die Bilder sprechen lassen.
Den Weg zurück nach Cusco bringen wir auf die bequeme Weise mit Bus und Zug hinter uns. Gleichzeitig mit unserer Ankunft im Tal entscheidet sich die Sonne, uns plötzlich vor blauem Himmel entgegen zu strahlen – na schönen Dank auch, für uns kommt sie etwas zu spät!
Doch für die Zugfahrt sind wir dankbar, somit können wir aus den Panoramafenstern die eindrückliche Landschaft nochmal in ihrer gesamten Schönheit bestaunen. Die Motoren der Diesellok rattern unglaublich laut und stossen dicke, schwarze Rauchwolken aus, doch im Abteil wird – wie so oft hier – traditionell sanfte Flötenmusik gespielt.
In Urubamba steigen wir in den Bus der Alpaca Expeditions, welcher uns zurück nach Cusco bring. Da wartet ein unglaubliches Highlight auf uns: Eine warme Dusche!
Stephie & Marco
wow, wow, wow... das ist wieder ein sehr beeindruckender Reisebericht. Ihr hättet es euch ja auch einfach machen können und mit Bus und Zug nach Machu Picchu fahren, ein paar Fotos schiessen und wieder gemütlich zurück. Aber ihr habt den beschwerlichen langen Weg der Inkas gewählt und wurdet dabei mit wunderbaren und unvergesslichen Eindrücken belohnt! Respekt!! Liebi Grüess ond bis bald! Rolf & Andrea
Auso hüt chunnt ke Niid uf. Nume scho bim läse tüe mir aui Chnöche weh u i gspüre e ungloubleche Muskelkater. Aber Chapeau für euii Leischtig. Mir fröie üs jez scho ufe Life Bricht u wüensche wiiterhin viu Spass u möglechscht weni Verdruss. Vorauem bliibet gsund. Es Grüessli vo Gryfesee Usch u René